Objekt des Monats Mai 202

Kannenuntersetzer mit ParadiesgartendekorSteingutfabriken Velten-Vordamm, ca. 1919 - 1931
Steingut
gegossen, polychrom bemalt
Maße: H 2,5 m  | Ø 17,5 cm

Geschenk von Manfred Zepf an den
Förderverein Ofen- und Keramikmuseen Velten e.V. im März 2020
Inventar-Nr. 006/2692

Die zweckmäßige, ausgesprochen praktische und schnörkellose Form dieses keramischen Objektes vermittelt einen Eindruck von der Tischkultur in den 1920er Jahren. Es spricht Bände über den Stellenwert einer bis ins Detail gedeckten Kaffeetafel, ja auch das tägliche oder sonntägliche Ritual des gemeinsamen Kaffeetrinkens und das Bewirten von Gästen, dass der an sich banalen Funktion eines Untersetzers für die noch heiße und vielleicht etwas tropfende Kanne ein durchdachtes und kunstvoll dekoriertes Service-Teil gewidmet war. Drei Füße sind nicht nur praktisch, sie heben den Untersetzer mitsamt Kanne außerdem auf eine Art Podest, was ihre zentrale Rolle auf der Kaffeetafel unterstreicht. Der etwas breitere Rand umfasst die Kanne, beugt dem Verrutschen vor und fängt gegebenenfalls kleine Mengen Flüssigkeit auf.

Und doch fügt sich der Kannenuntersetzer nahtlos ein in das gesamte Service nicht zuletzt dank des Paradiesgarten-Dekors, welches sich in Varianten über die unterschiedlichen Geschirrformen zieht. Dieses sehr malerische und erzählerische Dekor, das die Künstlerin Charlotte Hartmann in ihrer Zeit als Leiterin der Malabteilung in den renommierten Steingutfabriken Velten-Vordamm von 1919 und bis 1924 entwickelte, erweckt eine Park- und Wiesenlandschaft zum Leben, die von großen und kleinen Lebewesen bevölkert ist. Jede Geschirrform zeigt eine andere Szene, welche die Malerinnen in Maßen auch selbst interpretierten. Das Auge kann förmlich über die Kaffeetafel durch diese Landschaft wandern. Der Untersetzer verweilt auf einer Detailszene: Der über einer Blüte schwebende Schmetterling wirkt wie ein mit der Lupe vergrößerter Wiesenmoment. Reizvoll ist die künstlerische Stilisierung der Tier- und Pflanzenformen in Kombination mit der farblichen Reduktion auf Blau, Gelb und Violett. Das Paradiesgartendekor, bei Velten-Vordamm Dekor Nummer. 29, wurde von Hedwig Bollhagen später in ihren eigenen Werkstätten wieder aufgenommen, zumal ja gerade in den Anfangsjahren viele ehemalige Vordamm-„Malmädchen“ in den Werkstätten ihrer einstigen Leiterin der Malabteilung (1927 bis 1931) tätig waren.