Objekt des Monats Juli 2020
Blumenvase mit Ritzdekor in schwarzer Engobe
Töpferei Hermann Grothe (in Verwaltung) Velten
vermutlich 1960er – 1970er Jahre
Maße: Ø 8,5 cm | H 14 cm
Steingut | roter Scherben | frei gedreht
Ritzdekor | Engobe
Schenkung von Helga Lachmann 2020
Im Vergleich mit den sonstigen Keramiken der ehemaligen Veltener Werkstatt in der Luisenstraße sticht diese Vase heraus. Die schlanke Form der Vase ist ein Bruch zu den anderen, sonst bauchigen oder zylindrischen Vasen dieser Größenordnung und erinnert in ihren Proportionen formal an die weitaus größeren Bodenvasen.
Bei der Verzierung handelt es sich um ein sehr seltenes Dekor. Vermutlich wurde die Vase als sogenannte „Bückware“ (Ware, die inoffiziell verkauft wurde; man musste sich „unter den Verkaufstresen bücken,“ um die Ware hervorzuholen) hergestellt.
Das Dekor wurde mit Hilfe eines dünnen Bleches (heute Abdreheisen genannt) eingeritzt, daher der Begriff „Ritzdekor“. Die „Punkte“ wurden auf dieselbe Art erzeugt, jedoch wurde das Blech nur kurz gegengehalten.
Bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass die oberen „Punkte“ durch die Ritzrichtung eine andere Drehrichtung der Ränderscheibe anzeigen (linksherum), als die darunterliegenden (rechtsherum). Die parallelen Linien wurden jedoch nicht ohne ein Hilfsmittel so gerade eingeritzt.
Dieses war die sogenannte Ränderscheibe, ein drehbarer, auf einem Fuß befestigter Metallteller (also im Grunde eine Töpferscheibe ohne Motor). Meist sorgt ein Kugellager für eine nahezu reibungslose Drehung der Scheibe, sodass -wenn genug Schwung geholt wurde- sich die Scheibe weiterdrehte. Wenn sich die Keramik auf der Ränderscheibe drehte, wurde das Blech gegengehalten und so die geraden Linien eingeritzt.
Sie können diese Vase mit denen in der neuen Sonderausstellung Typisch Grothe! selbst vergleichen. Vielleicht haben Sie ja ähnliche Objekte zu Hause oder sie kennen eine spannende Anekdote dazu. Erzählen Sie uns von diesen!
Text: Benjamin Malenz